Schaumburger Zeitung vom 5. August 2014

Ja, ich will

Wo und wie im Auetal geheiratet werden kann – und wo nicht

Andrea Schwarz-Geddert und Toni Geddert.rnk
Andrea Schwarz-Geddert und Toni Geddert.rnk

Hattendorf. Wo sie einst viele Jahre Kindergartenleiterin war, da hat Andrea Schwarz jetzt geheiratet: Im Heimatmuseum Hattendorf, das jüngst zusätzliche Räume erhielt, weil der Kindergarten geschlossen wurde – für die ehemalige Leiterin, die nach der Heirat mit Toni Geddert jetzt Andrea Schwarz-Geddert heißt, schloss sich ein Kreis, wie man so schön sagt.

Wo der Bund für das Leben geschlossen werden kann, das entscheidet im Auetal der Gemeinderat, denn die entsprechenden Orte müssen, so heißt es im Amtsdeutsch, gewidmet werden. Denn nicht nur die Eheschließung soll in einer, der Bedeutung der Ehe entsprechenden würdigen Form vorgenommen werden, auch das Trauzimmer muss folglich diesen Anforderungen entsprechen.

 

An zwei Orten können sich Liebende im Auetal trauen lassen: Im Spiegelsaal der Alten Molkerei und im Heimatmuseum Hattendorf. Wobei die meisten beim Stichwort Trauung im Heimatmuseum an die gute alte Stube denken, also den Raum, der früher nur sonntags benutzt wurde, wenn Gäste kamen. Aber der Gemeinderat hat in seiner Weisheit vor Jahr und Tag ein bisschen weiter gedacht: Trauungen sind im gesamten Museum möglich – und das bedeutet eben: in allen Zimmern. Man könnte sich das Jawort also auch im historischen Klassenzimmer geben. Etwa zweimal im Jahr, so erklärt Gaby Bühne als Standesbeamtin der Gemeinde, werde nach einem „weniger bürokratischen Raum“ nachgefragt, dann könne man das Museum anbieten.

 

Gewidmete Trauzimmer haben einen weiteren Vorteil, der vielfach unbekannt ist: Die Widmung gilt auch für die sie umgebenden Plätze. Möchte also eine große Hochzeitsgesellschaft die Eheschließung miterleben, kann sich das Paar das Jawort auch auf dem Hof des Museums oder außen auf der Terrasse vor dem Spiegelsaal geben.

 

Allerdings sind bei einer Eheschließung unter freien Himmel Vorgaben zu beachten: Der Ort, an dem eine Trauung unter freiem Himmel stattfindet, muss in der Nähe eines gewidmeten Trauortes sein. Das ist wichtig – nicht nur, damit es sicherheitshalber eine Rückzugsmöglichkeit gibt und die Brautleute sich zum Beispiel nicht bei strömendem Regen das Ja-Wort geben müssen.

 

Der Ort muss so gewählt sein, dass die Trauung in jedem Fall würdig und störungsfrei über die Bühne gehen kann – eine Autobahnabfahrt in Rehren oder das Stadion unterhalb der Obersburg sind deshalb beispielsweise wenig geeignet. Wichtig und im Kriterienkatalog ausdrücklich gefordert ist auch, dass der Ort der Trauung geschützt und nicht einsehbar zu sein hat. So soll sichergestellt werden, dass die Persönlichkeitsrechte des Paares geschützt werden und der Datenschutz gewährleistet ist. Ansonsten ist der Phantasie keine Grenze gesetzt, auch eine Eheschließung am Strand wäre unter diesen Umständen grundsätzlich möglich, heißt es in einem Runderlass von 2011 des Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport. Auetals Standesbeamtin Gaby Bühne verweist neben dem Wetter auf einen weiteren Gesichtspunkt bei Trauungen unter freiem Himmel: den Lärm. Man könne doch den Nachbarn nicht untersagen, den Rasen zu mähen, wenn man gerade inmitten der Zeremonie sei.

 

Man muss kein Prophet sein: Die Zahl der Pärchen, die für ihre Trauung einen schönen oder besonderen Ort sucht, steigt von Jahr zu Jahr, zunehmend wird auf kirchliche Trauungen verzichtet. In solchen Fällen wünschen sich die Paare für ihr Jawort gern ein schönes Ambiente. Noch einen Schritt weiter geht die Stadt Minden. Seit Januar 2014 bietet sie Trauungen auch im eigenen Haus an. Voraussetzung ist, dass die Standesbeamten die Räume vorher in Augenschein genommen haben müssen, um über die Eignung der Räumlichkeiten entscheiden zu können. Dabei spielt den Standesämtern in die Hände, dass die Widmung der Trauzimmer in ihrem Bundesland abgeschafft wurde, erklärt Vera Kindt als Standesbeamtin der Stadt Minden. Genutzt worden sei das neue Angebot noch nicht, über die Gründe könne nur spekuliert werden.

 

So sei eine Trauung in den eigenen vier Wänden natürlich deutlich teurer als auf dem Standesamt, weil der Beamte hinausfahren müsse, aber vielleicht habe es auch an den entsprechenden Räumlichkeiten gefehlt. Soll heißen: Nicht in jedem Wohnzimmer findet der Standesbeamte den passenden Rahmen vor, um seinen offiziellen Segen für den gemeinsamen Schritt ins Eheleben geben zu können.

 

Bei den Vorschriften für die Standesbeamten sei es wie bei den Kirchenaustritten, erklärt Auetals Standesbeamtin Gaby Bühne: Die Vorschriften seien von Bundesland zu Bundesland anders. So sei bis Ende Juli 2009 in Bayern eine Lebenspartnerschaft nur durch gegenseitige Erklärung vor einem Notar möglich gewesen. Und wer im Heimatmuseum heiratet, der erhält auch ein Geschenk: Rolf Hampel und Kurt Prange gratulierten im Namen des Heimatvereins, erklärten, dass die Braut an diesem Ort ihrer alten Wirkungsstätte, dem Kindergarten, noch einmal sehr nahe komme, und schenkte dem Brautpaar die Mitgliedschaft im Heimatverein.

 

Andrea Schwarz-Geddert und Toni Geddert.rnk

 

VON FRANK WESTERMANN